
15
May
2008
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- Veröffentlicht: 15. Mai 2008

Ich hoffe, dass ich die hochmotivierte Truppe um Andrea Buxbaum in ihrem Bemühen ein Stück vorwärts bringen konnte und bedanke mich an dieser Stelle noch einmal für Einladung nach Wien.
Kaiser, Coke und Christa
Auf der Suche nach der ultimativen Produktstory genügt es meistens, sich mal wieder ganz naiv und unvoreingenommen auf das eigene Produkt einzulassen - auf echte Tuchfühlung mit ihm zu gehen. Im gegebenen Fall - der Marke Wien - stellte sich dieses authentische Erlebnis bei mir schon beim Kaffeehaus-Besuch nach meinem Termin bei Wien Tourismus ein.

Im Café Raimund - gegenüber dem Volkstheater - taucht man ein in diese skurile Welt aus historifizierendem Kitsch und neuzeitlichem Gastro-Charme. Da winken der Kaiser und Sissi aus dem Bilderrahmen, da grüßt Ferdinand Raimund - der Namensgeber des Cafés - von der Wand und gleich daneben beamt der Cola-Neon-Schriftzug den Gast wieder ins Jetzt. Welten und Zeiten in friedlicher Koexistenz - in Sekundenbruchteilen erlebbar - Vienna Stargate sozusagen. Aber diesen diffusen Mix aus ewig gestrigem und Gegenwart nimmt man dieser Stadt merkwürdigerweise nicht übel. Das Nuss-Furnier aus den 70ern, das einen normalerweise an trostlose Nachmittage der eigenen Kindheit erinnert, nimmt man hier plötzlich als willkommene Konstante in einer Welt, die sich schneller verändert wie unsere Bereitschaft, entsprechende Synapsen zu deren Verständnis bereitzustellen. Ein bisschen erinnert mich die Kaffeehaus-Situation an einen Kirchenbesuch. Während draußen vor der Tür die Stadt brummt, hupt und schreit, herrscht hier andächtige Stille - eine Insel im Großstadtgetriebe - nur unterbrochen von Fräulein Christa. Nach 40 Arbeitsjahren, die sie - so sagt sie - immer mit Freude am Beruf hinter sich gebracht hat - dreht sie zwischen Küche, Schanktresen und Tischen ihre marathon-verdächtigen Runden. Für jeden Gast hat sie ein Lächeln (jüngere Kellnerinnen verlieren diese Gabe bereits in der Probezeit), begutachtet jedes Glas, das sie aus dem Regal holt nach Restspuren ("Wissen's - manches schafft auch der Gschirrspüler net...") und erzählt dem Gast, der Zeit und Muße mitbringt, dass sie eigentlich ja Christine heißt. Aber das Christa sei kürzer und habe sich bei den Gästen einfach eingebürgert. Alles zusammen nichts Aufregendes, nichts Spektakuläres, das ich da in einem Wiener Kaffeehaus erlebt habe - und dennoch - oder gerade deshalb - so wohltuend normal. "Sie haben so eine gelassene Heiterkeit", sagt das Fräulein Christa zum Abschied zu mir. "Die meisten Leute sitzen so verbissen da und kommen sich furchtbar wichtig vor...." und setzt nach einer kurzen Pause fort...."aber das letzte Hemd hat bei uns allen keine Taschen". "Einen schönen Tag..." wünsch ich ihr und tausche das Normale wieder gegen eine Welt, in der mich ein Taxifahrer beinahe auf dem Zebrastreifen über den Haufen fährt - hätte ich (am Land) nicht so gute Reflexe entwickelt.