
24
Jul
2018
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- Veröffentlicht: 24. Juli 2018
wer eine reise tut, kann was erzählen. und wer auf seiner reise mit wachem blick links und rechts des wegrands schaut, noch mehr. normalerweise filtert mein gehirn rigoros 90% aller sinnes-inputs aus, die auch nur nach werbung riechen. berufliche vorbelastung vielleicht, die bei privaten reisen ins gegenteil mutiert. umso mehr aufmerksamkeit erhält dann aber jene werbung, die es schafft, durch diesen filter in meine wahrnehmung zu gelangen. weil sie besonders raffiniert, besonders stümperhaft, oder auch besonders authentisch und einfallsreich ist. die disziplin "text" scheint da im kommunikationsdesign für manche werber eine besondere schwierigkeit darzustellen. das ist oft der tatsache geschuldet, dass werbeagenturen oft von grafikern geführt werden und geschulte texter - so sie überhaupt in der agentur stattfinden - eher ein kellerkinddasein führen. ganz nach dem motto "reim dich, oder ich würg dich" wird dann ans werk gegangen.
jetzt beherrschen die wenigsten menschen ja noch nicht mal wirklich ihre muttersprache. dessen ungeachtet sind es vor allem aber werber, die dann mit ihrem halbwissen sogar an fremdsprachen herangehen, diese mit ihrer muttersprache sinnhaft oder sinnlos kombinieren und auf biegen und brechen einen "coolen" claim fabrizieren wollen (ich nehm mich da nicht ganz aus - ähnliche hoppalas sind mir auch schon passiert).
so warb der heimische versicherungs-marktführer auf zugplakaten um lehrlinge. wohl gemerkt - ein versicherungsunternehmen und nicht die landwirtschaftskammer. es erschließt sich mir einfach nicht, was die kuh auf dem plakat macht (o.k. die vlv versichert natürlich auch landwirte). aber wirklich schmerzhaft wird dann die englisch-deutsche wortvergewaltigung in der headline.

da reiht sich dann die nachfolgende lichtreklame an einem vorarlberger sportgeschäft nahtlos ein. "be welcome" geht ja noch (englisch klingt halt doch so schön international). aber dann mit den beiden farblich hervorgehobenen "be"s eine verbindung herstellen zu wollen, die weder inhaltlich noch lautmalerisch funktioniert - tut schon ein bisserl weh. wer den gag des werbers nicht gleich schnallt und vermutlich besser englisch spricht wie dieser, liest dann (in "lautschrift"): bi welkam, bi rchtold.
hä?

aber auch in anderen ländern ist es mit dem wissen um den gebrauch fremder sprachen nicht weit her. dass die übersetzungstools aus dem internet nicht wirklich einen fachkundigen fremdsprachler ersetzen, scheint der wirt am gardasee nicht zu wissen. da wird auf der plakativ angebrachten speisekarten-tafel mit verschiedensten sprachen fröhlich drauflos gemixt. "auch take-away" steht da - früher hieß das mal "alle speisen auch zum mitnehmen". und die pommes frites werden mal als chips und mal als französisch frites bezeichnet (vermutlich aus einer google-übersetzung von "french fries"). das beste kommt aber zum schluss - da mutiert das gnocco zum knödel, damit sich auch die österreichische und süddeutsche touristenschaar was drunter vorstellen kann (oder auch nicht). wirklich hilfreich sind da nur die abbildungen.

aber auch vor der österreichischen gastronomie macht der anglizismus-wahn nicht halt. selbst wirtschaften, die - wie der name vermuten lässt - eher bodenständig und heimatverbunden daherkommen wollen (gasthaus "stadtliebe" in linz), können dem coolen neusprech-slang nicht widerstehen. und schon findet sich das banale schweinsschnitzel, das grillhendl und die eiernockerl in der rubrik "austrian soul food" wieder. einfach nur lächerlich.

gutes personal in der gastronomie ist inzwischen zur seltenen, vom aussterben bedrohten spezies geworden. der berufsstand wird mancherorts inzwischen von fleißigen leuten aus ländern dominiert, deren muttersprache nicht deutsch ist. sogesehen kann bei nachfolgender urlaubsankündigung in einem lindauer cafe eigentlich nur dem inhaber der vorwurf gemacht werden, dass er seinem sprach-unkundigen personal diese text-aufgabe überlassen hat.

keine frage - jedem passiert mal ein fehler beim tippen eines textes. nicht nachvollziehbar wird es aber, wenn - siehe bild ganz oben - kein mensch mehr den text eines hinweisschildes kontrolliert, bevor es an den pfosten genagelt wird. wer findet das kleine hoppala im bild ganz oben? der berufsstand des lektors ist wohl nicht nur bei tageszeitungen dem rotstift zum opfer gefallen.

wie ein kleiner aufkleber spontanes dialogmarketing auslöst, zeigt ein aufkleber, den die jungen grünen mit dem spruch "i love my vagina" u.a. an regenrohren platzierten. mit der aussage wollten sie - so vermute ich - auf die selbstbestimmung der frau über ihren eigenen körper aufmerksam machen. warum das nun unbedingt in englisch sein muss? na ja ... es ist halt so viel cooler als die muttersprache. richtig witzig wird die sache aber, als ein unbekannter die aussage mit einem stift kommentiert. "i also" schreibt er und stellt sein geschlecht mit dem richtigen zeichen klar. natürlich würde es in korrektem englisch "me too" oder "so do i" heißen, aber wen kümmert's - auch englisch sprak ist schwer sprak.