
26
Nov
2013
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- Veröffentlicht: 26. November 2013

unsere täglichen entdeckungsrouten führten uns quer durch das südliche kalabrien. empfehlenswerte stationen sind vibo valentia, nicoteria, pizzo, scilla, gerace, das mit seiner kathedrale auf einem felsen thront und das ziemlich schräge domizil des künstlerpaares nik spatari & hiske maas in mammola (www.musaba.org). natürlich gibt es darüberhinaus noch sehr viel mehr zu entdecken. trotzdem sollte man beim fahren über die landstraßen den blick nicht zu lange zur seite drehen, weil man sonst in einem der zahlreichen schlaglöcher mitsamt dem ganzen auto verschwindet. dies ist nur ein indiz dafür, dass kalabrien natürlich ein wirtschaftliches notstandsgebiet ist. obwohl der tourismus hier langsam erwacht (gottseidank bislang ohne hotelburgen und zubetonierter küsten), zeugen tausende bauruinen, müllberge am straßenrand und der desolate zustand vieler häuser, dass es hier an geld fehlt. bzw. das geld in dunklen kanälen verschwindet.

einzig an der autobahn hinunter nach reggio di calabria (die zur zeit übrigens noch mautfrei ist und noch nicht ganz fertig) sieht man, wohin die millionen eu-subventionen fließen. vom dramatischen einfluss der mafia (in kalabrien ndrangheta genannt) auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche leben bemerkt der tourist wenig. allein die frage, warum eine solch traumhafte landschaft nicht schon längst touristisch besser entwickelt ist, lässt die vermutung aufkommen, dass die ehrenwerte gesellschaft gar kein interesse hat, hier eine wirtschaftlich abgesicherte mittelschicht entstehen zu lassen. das reizvolle an kalabrien ist die beständige abwechslung von meer und bergen. wer ein paar kilometer ins landesinnere fährt fühlt sich teilweise wie in den schottischen highlands um eine kurve weiter schon wieder das meer zu erblicken - allerdings von 1000m seehöhe aus. essen gehen gestaltet sich in der nachsaison etwas schwierig, weil kalabrien bzw. die touristischen knotenpunkte nach beendigung der saison praktisch ins wachkoma fallen. von den geschätzten 50 pizzerien und ristorantes in tropea hatten lediglich zwei offen, wobei die eine dann auch gleich mal die segeln strich. unser ausflug nach reggio di calabria nutzten wir zum klamotteneinkauf. ich war total baff, wieviele herrenausstatter es in der mondänen stadt gibt. auf 200m fußgängerzone findet mann hier mehr bekleidungsshops als in ganz vorarlberg - außerdem sehr viele mit kleidung "made in italy" oder zumindest "made in europe" (china-dreck kommt mir schon seit jahren nicht mehr in den kleiderschrank). der italienische mann achtet halt doch sehr auf sein äußeres und sei es mit der coolen sonnenbrille auf der nase, die scheinbar 24h am tag getragen wird - egal ob die sonne scheint oder der mond leuchtet. und wer sich am vormittag in ein cafe an der piazza setzt und dem treiben still zusieht, bekommt auch andere klischees über unsere südlichen nachbarn bestätigt: sie können ohne ihre hände nicht reden. die einschlägige geste, wenn der daumen die vier anderen finger trifft und die ganze hand so vor dem körper hin und her bewegt ist allenortes zu beobachten.

und auch der katholische glaube ist tief verwurzelt - kaum eine kneipe, in der nicht irgendwo an der wand ein heiligenbild hängt. durch zufall konnten wir auch festhalten, wie in der garage des pfarrers von tropea eine heiligenstatue herausgeputzt wurde. der morbide charme der historischen, halb verfallenen ortschaften wechselt sich ab mit olivenhainen und bergamotte-plantagen. und als zeichen, dass kalabrien auch von vorarlbergern fleißig besucht wird, entdeckten wir am strand von tropea an einem fahnenmast in einem knäuel von fahnen das ländle-banner. alles in allem genossen wir die herbst-verlängerung (drei mal konnten wir mitte november auf der terrasse bei ca. 20°C frühstücken) am südlichsten zipfel italiens.