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Veröffentlicht: 29. Januar 2013
Zum Glück tragen Buddhisten keine Sprengstoffgürtel.Es kann nur mit der üblichen christlichen Überheblichkeit zu tun haben, dass wir uns einen Dreck um die Moral und Ethik anderer Religionen scheren, wenn wir die Symbole eben dieser Glaubensrichtungen zu Deko-Artikeln degradieren oder wohlwissentlich die Sensibilität einer Religion benutzen um die Auflage billiger Videos und Comic-Hefte zu pushen. Den Höhepunkt (oder besser den Tiefpunkt) dieser Ignoranz erlebte ich letzte Weihnachten, als in Möbelgeschäften Abbildungen von Buddha in jedweder Form angeboten wurden. Die Krankhaftigkeit der Szene erschließt sich eigentlich erst, wenn man sich überlegt, dass hier das Symbol der einen Religion als Geschenk für ein Fest der anderen Religion verwendet wird, dessen Christbaum-Brauch zudem mit gar keiner Religion zu tun hat sondern haidnischen Bräuchen entspringt. Der befreundete Inhaber eines Möbelgeschäftes rechtfertigte mir gegenüber sein Angebot an sitzenden und liegenden Buddhas mit der Nachfrage, die befriedigt werden will. "Buddhas auf Servietten" lehne er allerdings ab, denn mit dem Symbol einer anderen Religion wischt man sich nicht den Mund ab. Weit weniger sensibel zeigen sich da Baumärkte und andere Möbelhäuser. Kann es sein, dass wir mit der Symbolik einer fremden Religion nur deshalb so unbedacht umgehen, weil wir von den bekanntlich friedliebenden Buddhisten keine Proteste oder Aufläufe inklusive Verbrennen der österr. Fahne zu befürchten haben. Buddhisten verbrennen sich aus Protest lieber selber. Ist unser abendländisches Herrenrasse-Denken wirklich schon so pervertiert, dass wir nur noch vor jenen Dingen Halt machen, bei denen wir eine massive Sanktion zu befürchten haben?

Wir sind eine Gesellschaft geworden, die kaum mehr einer grundlegenden Ethik (oder dem Hausverstand) folgt, sondern nur noch einer egoistischen Gier, die nichts mehr auslässt, mit dem Geld zu verdienen ist, die Gas gibt bis die Mauer in die Kühlerhaube kracht. Und selbst dann (siehe die kontinuierliche Zerstörung unseres Planeten) werden wir wahrscheinlich noch erfreut feststellen: "Na...so lange der Airbag nicht aufgeht und wir den Ziegelstein in der Fresse haben, kann's noch nicht so schlimm sein." Dass viele Menschen in der Abbildung des in sich ruhenden Buddha ein Symbol für innere Ruhe und seelisches Gleichgewicht sehen und meinen, sich dieses mit dem Kauf einer Statue aneignen zu können, mag sicherlich stimmen. Dennoch ist und bleibt es das Symbol einer Religion, mit dem man - auch wenn man keiner angehört wie ich - respektvoll umgeht. Wie würden wir reagieren, wenn wir beim Bummel durch Neu Delhi oder in den Schaufenstern Christusfiguren als Serviettenhalter und den Gekreuzigten als Buchstütze sehen würden? Wer zum Buddhismus konvertiert, kann sich selbstverständlich das Symbol dieser Religion in Garten und Wohnzimmer stellen. Allen anderen empfehle ich, entweder sich mal wieder tiefer mit der Symbolik der eigenen Religion zu befassen oder die Finger von jedwedem religiösen Zierrat zu lassen.
Nachtrag Okt. 2013:
Das Bild einer Christbaumkugel in Form eines Buddha (oben) fand ich im Katalog eines Designmöbel-Versenders. Für mich eine bodenlose Geschmacklosigkeit.
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